„Suizide als tragischer Ausdruck verfehlter Politik der Strafe“

Presseerklärung der Rote Hilfe Halle/Saale zum Suiziden in Strafanstalten:

In der vergangenen Woche wurde erneut ein Suizid eines Menschen bekannt, der als Inhaftierter durch eine staatliche Einrichtung, der JVA in der Frohen Zukunft in Halle, verwahrt wurde. Es ist zutiefst schockierend, dass diese tragische Nachricht keine Seltenheit in der Hauptstelle „Roter Ochse“ nahe der Innenstadt und der Nebenstelle „Frohe Zukunft“ in der Wilhelm Busch Straße 38 ist. In den vergangenen neun Jahren haben sich mindestens 14 Menschen allein in diesen beiden Einrichtungen das Leben genommen. Auffallend ist die Berichterstattung von Seiten des Landes dazu, denn so gut wie nie soll bei den Verstorbenen eine suizidale Absicht erkennbar gewesen sein. 

gefaengnisgitterstaebe

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Diese Suizide können nicht als Einzelschicksale betrachtet werden sondern sind ein weiterer Beweis dafür, dass Gefängnisse und der Umgang mit straffällig gewordenen Menschen kritisch hinterfragt werden muss. 

„Betrachtet man die Haftgründe der Personen, die durch Suizid in Haft zu Tode gekommen sind, ähnelt sich vieles. Oftmals handelte es sich um Menschen, die wegen Ersatzfreiheitsstrafen einsitzen – also weil sie nicht in der Lage sind, Bußgelder und Strafzahlungen zu leisten. Auch die Haftzeit war häufig von kurzer Dauer. Hier wird deutlich, dass diese Vorfälle mit strukturellen Problemen innerhalb der staatlichen Anstalten in Verbindung gebracht werden müssen. Die Inhaftierten werden lediglich verwahrt und erhalten meist in keiner Weise ein reflektiertes Angebot auf Rehabilitation. Die Isolation in Haft, das damit verbundene gesellschaftliche Stigma und die Auswirkungen auf das weitere Leben lassen viele Menschen perspektivlos zurück.“ So ein Sprecher der Roten Hilfe aus Halle. 

Es ist dringend erforderlich, dass der Umgang mit straffällig gewordenen Personen einen grundlegenden Wandel erlebt. Haftstrafen, die auf Armut zurück zu führen sind, wie obengenannte Ersatzfreiheitstrafen, dürfen nicht länger sein! 

Wir fordern daher eine grundsätzliche Debatte über das Gefängnis als Institution der Verwahrung, eine Überarbeitung des Haftsystems bis hin zu einer Abschaffung von Justizvollzugsanstalten. Der gegenwärtige Umgang bietet den Menschen nicht die Möglichkeit der Entwicklung und der Rehabilitation, stattdessen werden durch sinnlose Verwahrung unzählige Biografien zerstört und Menschen in den Tod getrieben, wie es jetzt wieder in Halle/Saale sichtbar wurde. 

Rote Hilfe Halle/Saale (Dez 2022), Pressekontakt: halle@rote-hilfe.de 

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